Donnerstag, 21. Oktober 2021
Los geht´s
Fast pünktlich starten wir mitten in der Nacht um 0:20 Uhr vom Launer Betriebshof in Wört. Meine Frau Lerke, die die Radreise als zweiter Guide begleiten wird, und ich sind am Vortag von Düsseldorf über Stuttgart, Aalen und Ellwangen mit dem Zug angereist. Von Ellwangen ging’s dann mit dem Fahrrad nach Wört. Sehr schön: erst entlang der Jagst und dann viel durch den Wald am Fischbachsee über Georgenstadt, Konradsbronn zum Launer Betriebshof.
Nach und nach trudeln unsere Gäste ein, der Anhänger wird mit den Rädern beladen, Gepäck im Bus verstaut, Tagesgepäck am Sitz untergebracht. Unsere Busfahrer Dominik Launer und Bernd Neber checken die Bustechnik, und dann sind wir auch schon auf dem Weg nach Apulien.
Knapp 450 Kilometer weiter – wir sind um München herum gefahren, an Innsbruck vorbei, dann über den Brenner-Pass – haben wir in Südtirol noch einen Zustieg von zwei Gästen, jetzt sind wir vollständig. Weil es schon spät im Jahr ist, lässt der Morgen leider auf sich warten, dafür kommt er aber mit Sonne und schönem Wetter.
Bologna (km 750) erreichen wir am späten Vormittag, Ancona (km 930) am Mittag und gegen 17 Uhr erreichen wir dann unsere Zwischenübernachtung Hotel di Nardo in Petacciato. Nach einem leckeren Abendessen fallen wir müde in die Betten.
Freitag, 22. Oktober 2021
Apulien, wir kommen
Beim colazione, dem Frühstück, treffen italienische und deutsche Mentalität aufeinander: italienisch frühstücken heißt langsam, ruhig (piano, piano), kein Stress … deutsch: pünktlich, schnell und viel. Am Schluss sind aber alle satt und wir machen uns auf den Weg auf die letzten 170 Buskilometer zur Ausladestelle nach Barletta. Kurz vor 11 Uhr entladen wir die Räder und starten um 11.11 Uhr (rheinischer Zufall!) unsere erste Tour. Für einige Gäste ist der quirlige italienische Verkehr ungewohnt, es wird gehupt, flexibel die Verkehrsregel interpretiert, aber auf Radfahrende immer Rücksicht genommen. Früher wurde in Süditalien nur Rennradsport betrieben, inzwischen gewinnt das Fahrrad als Alltagsfahrzeug für Schule, Arbeit, Einkaufen immer mehr Bedeutung – mit viel Winken und „buon giorno!“ vom Straßenrand fühlen wir uns willkommen.
In Barletta besichtigen wir den „Koloss von Barletta“, die Altstadt (centro storico), die Kathedrale und das Castello. Nach eine Mittagspause radeln wir entlang der Adria nach Trani. Bei Sonnenschein empfängt uns die schönste Normannenkirche Apuliens aus makellosem hellen Kalkstein direkt am Meer. Auch bestaunen wir den Naturhafen mit den Fischerbooten, die im blauen Wasser liegen. Wir radeln auf kleinen Straßen und Wegen weiter südöstlich entlang der Künste über die auch sehenswerten Städtchen Bisceglie, Molfetta und Giovinazzo. Pünktlich um 16:58 Uhr erreichen wir unser Hotel Vittoria Parc in Bari-Palese, genießen am Bus gekühlte Getränke aus dem Buskühlschrank und freuen uns über einen gelungenen ersten Radtag in Apulien.
Samstag, 23. Oktober 2021
Bari, Polignano a Mare, Monopoli und Fasano
Wir starten nach einem sehr guten Frühstück und radeln auf Nebenwegen ins Zentrum der apulischen Hauptstadt Bari. Die ordentlich sanierte massive Festungsanlage am Rande der Altstadt ist unser erstes Ziel; hier steht auch eine Staufer-Säule, da der deutsch-römische Kaiser Friedrich II aus dem Haus der Hohenstaufer das Kastell umgebaut und stark befestigt hat. Wir besichtigen die Nikolaus-Kirche, in der die Gebeine des gleichnamigen Heiligen liegen. Es macht großen Spaß, kreuz und quer durch die verwinkelten Gassen der Altstadt zu radeln, das ist mit unserem „Streckposten-System“ kein Problem, keiner geht verloren.
Nach so viel Kultur lassen wir uns dann gerne wieder den warmen Seewind um die Nase wehen. Mittagspause ist dann in Mola di Bari. Kurz vor Polignano a Mare treffen wir auf den Launer-Bus; aber nur wenige möchten einsteigen und die Tour abkürzen. Begeistert besichtigen wir Polignano und radeln dann weiter nach Monopoli, auch ein sehenswertes Städten.
Nach kleiner Stärkung mit Gelato und Cappuccino geht es dann auf die letzten Kilometer zu unserem Hotel bei Fasano. Busfahrer Bernd hat im Olivenhain des Hotels Tische und Bänke aufgestellt und serviert wieder gekühlte Getränke für glückliche aber müde Radfahrerinnen und Radfahrer. Dass wir zum Abendessen noch mal 800 Meter laufen müssen, ist für einige erst mal ein Schreck, aber dann genießen doch alle den kleinen abendlichen Spaziergang. Unser Restaurant liegt im Safari-Park von Fasano, in der Nacht klingt das Gebrüll der Löwen schon ein wenig beängstigend nah… Und mit Löwenhunger machen wir uns über das Abendessen her. 84 Kilometer und 450 Höhenmeter machen Appetit!
Sonntag, 24. Oktober 2021 - Trulli, Oliven und Kirchen
Mist: Es regnet, bzw. es schüttet beim Frühstück. Alle ziehen sich Regenjacken, Regenhosen und wer hat auch Schuhüberzieher an. Wir wollen gerade losradeln, da hört es auf mit dem Unwetter. Viel Feuchtigkeit in der Luft und die 9 Serpentinen auf dem erste Stück, der steilen Straße über die Anhöhe von Selva lassen uns schnell schwitzen – da freuen sich die Pedelec-Fahrer. Der heutige Tag hat über 900 Höhenmeter und in Alberobello – nach 21 km – haben wir schon 530 Höhenmeter in den Knien.
Alberobello ist eins der touristischen Highlights Apuliens. Tausende von sogenannten Trulli – einfache weiße Rundbauten mit Kegeldach – stehen in der Stadt, einzigartig in dieser Art. Ein Radrennen von Kindern und Jugendlichen bringt es mit sich, dass Straßen und Plätze gesperrt sind und ich einen neuen Weg ins Zentrum finden muss. Gut, dass ich mich inzwischen in der Trulli-Hauptstadt auskenne.
Über ausgeschilderte Radwege durch das Valle d’Itria kommen wir ins schöne Martina Franca. Alle sind begeistert über die verwinkelte Altstadt und bewundern den Dom des heiligen Martin und die Markt-Arkaden.
Wir verlassen nach der Mittagspause das sehenswerte Städtchen; die Hügel werden langsam weniger und in Francavilla Fontana haben wir den Salento erreicht – so nennt man das Gebiet, das den Stiefelabsatz umfasst. In Oria gibt es nach 77 km zur Belohnung Eis, Kaffee und Kuchen, für mich ein Bier. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Santuario di San Cosima alla Macchia, einem wichtigen Wallfahrtsort im Salento. Hier verladen wir die Räder und fahren mit dem Bus zum Hotel nach Lecce.
Das Abendessen ist heute Abend allerdings nicht das Highlight, anscheinend hat die Küche etwas unter den Corona-Bedingungen gelitten.
Montag, 25. Oktober 2021
Barock, Barock und noch mal Barock!
Ich zeige den Gästen die wichtigsten Gebäude und Plätze der Barockstadt Lecce, wegen des überbordenden Gebäudeschmucks auch als „Florenz des Rokoko“ bekannt. In der Umgebung von Lecce wird der Pietra Leccese – ein weicher Tuffstein – abgebaut, welcher sich gut bearbeiten lässt. Wir bestaunen die unglaublich fein gearbeitet Fassade der Basilika Sata Croce.
Nach meiner Stadtführung per bike machen wir uns auf den Weg zurück zur Küste. Über kleine Straßen, Wege und ausgeschilderte Radrouten radeln wir über den Festungsort Acaya und Foca nach Otranto. Hier besuchen wir nach der Mittagspause – einige Gäste haben die Gelegenheit für ein kleines Bad in der Adria genutzt – die Kathedrale mit den Knochen der Märtyrer von Otranto. Begeistert sind wir auch von dem riesigen Mosaik. Der komplette Kirchenboden ist mit einem bunten Bild aus unzähligen Figuren, Menschen, Tieren und Fabelwesen geschmückt.
Nachmittags haben wir dann noch mal 20 Radkilometer auf der sehr schönen Küstenstraße bis Castro vor uns. Zum Abendessen bekommen wir sehr sehr leckeren Fisch serviert
Dienstag, 26. Oktober 2021
An zwei Meeren
Gegen 8.30 Uhr starten wir unsere heutige Radtour – einmal rund um die Absatzspitze von Italien. Bis Santa Maria de Leuca (ca. 30 km) müssen wir einige Höhenmeter radeln, werden aber immer wieder belohnt durch die schönen Blicke auf das Meer. Wegen guter Sicht haben wir das seltene Glück, bis Korfu zu schauen, das etwa 110 km entfernt liegt. In Santa Maria de Leuca besichtigen wir die Wallfahrtskirche und das Denkmal für den Acquedotto Pulgiese, den größten Aquädukt Europas. Selbstverpflegung zur Mittagspause ist hier angesagt, aber das ist kein Problem: In Italien zu verhungern ist schwierig!
In Santa Maria de Leuca endet auch die Adria und beginnt das Ionische Meer mit der großen Bucht von Taranto.
Nach der Mittagspause radeln wir weiter auf der wenig befahrenen Küstenstraße nach Gallipoli, der „schönen Stadt“. Zum Sonnenuntergang treffen wir uns am alten Turm am Strand, trinken ein Glas Wein und genießen das Miteinander mit Blick übers Meer. Und dann machen wir uns nochmal auf die Räder, um die abendlich erleuchtete Altstadt zu umrunden. So, jetzt ist 20 Uhr … wir freuen uns auf ein leckeres Abendessen!
Mittwoch, 27. Oktober 2021
Apulischen Olivenöl ist ein Genuss
Vom Hotel radeln wir am nächsten Morgen direkt in die Altstadt von Gallipoli. Einige Geschäfte sind schon offen, so dass wir ein paar Souvenirs ergattern können. Außer einer kleinen Spitze (80 Höhenmeter) radeln wir heute ausschließlich flach. Alle sind locker drauf und dann passiert es: Ein Streckenposten pennt und ein Teil der Radgruppe verfährt sich in Porto Cesareo. Nach ein bisschen Geschrei und Telefonieren sind wir aber wieder alle zusammen und können nach Torre Colimena weiter radeln. Hier ist Mittagspause am Bus, Fahrer Bernd Neber hat Bänke und Stühle aufgestellt und wir vespern gemütlich in der Oktobersonne am Meer. Gleichzeitig bietet ein lokaler Olivenbauer sein Olivenöl zum Verkauf an. Sehr würzig, sehr lecker. Ich kaufe mir direkt noch mal einen 5-Liter-Kanister, damit kommen wir dann gut durch den Winter. Alle, die noch baden wollen, steigen für heute von ihren Rädern und in den Bus; Lerke und ich radeln mit dem Rest noch bis zu unserem Hotel bei Leporano kurz vor Taranto. Das sehr schöne Haus hat einen eigenen Strand und einen großen Pool, und wir bekommen ein vorzügliches Abendessen.
Donnerstag, 28. Oktober 2021
Matera, europäische Kulturhauptstadt 2019
Heute ist erst mal wieder Busfahren angesagt. Bernd umfährt den Großraum Taranto, der wegen seiner Schwerindustrie sehr in Verruf geraten ist. Am Ortsrand von Matera laden wir die Räder aus und radeln ins Zentrum. Bekannt ist Matera für seine einmalige Altstadt, die zu einem erheblichen Teil aus Höhlensiedlungen – den Sassi – besteht. Diese gehören seit 1993 zum UNESCO-Welterbe; vor zwei Jahren war Matera europäische Kulturhauptstadt. Der Ort ist eine beliebte Location, auch eine Szene des neueste Bond-Filmes wurde hier gedreht. Die Gäste besichtigen die Höhlensiedlungen – was nur zu Fuß möglich ist – ich passe auf die Fahrräder auf.
Gegen Mittag radeln wir nach Altamura, einem netten Städtchen am Rande des karstigen Alta- Murgia-Nationalparks. Nach Cappuccino, Gelati und auch einem Bier zur Nachmittagspause geht es noch durch einsame Weinfelder, Oliven-, Mandel- und Pfirsichhaine zu unserem Hotel.
Leider steckt heute ein wenig der Wurm drin … schon in Matera hatten wir einen Radschaden und jetzt noch mal kurz vor Ende der Radtour noch einen Platten. Aber mit dem Sonnenuntergang, der Ende Oktober um 18 Uhr ist, erreichen wir unser Hotel.
Freitag, 29. Oktober 2021
Castel del Monte – die steinerne Krone Apuliens
Schade, dass heute unser letzter Tag in Apulien ist. Wir starten vom Hotel und radeln über Terlizzi – bekannt für Blumenzucht – und Ruvo di Puglia nach Corato. Hier wollen wir für die Mittagspause einkaufen, aber mein Lieblingssupermarkt wird umgebaut. Da suchen wir uns halt was anderes. Nach Corato machen wir uns auf die letzten 25 Kilometer in Apulien zum Castel del Monte. Die wuchtige Anlage können wir schon von Weitem sehen, die Machtdemonstration Friedrich des Zweiten ist ein Wahrzeichen Apuliens.
Italiener haben mir mal erzählt, dass es Glück bringt, dreimal das Kastel zu umrunden, egal ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Ich radel fünfmal drum herum, vielleicht bringt das ja noch mehr Glück?!
Arrivederci Puglia! Wir verladen die Räder und machen mit dem Bus noch „Strecke“ und fahren bis Pescara zur Zwischenübernachtung. Beim Abendessen ist das Personal erstaunt, wie viel Wein eine Radgruppe trinken kann, so dass es mit der Bestellung ein wenig hapert, aber natürlich sorgen wir für Nachschub.
Samstag, 30. Oktober 2021
Mantua, Cita del Arte in der Lombardei
Corona-Chaos beim Frühstück! Wir wollten heute sehr früh los, aber die Warterei wegen der Corona-Maßnahmen verärgert ein paar Gäste. Jeder Gast wird hinter einer Theke einzeln bedient, bei 30 Personen zieht sich das naturgemäß leider in die Länge.
Etwas später als gehofft sind wir auf der Autostrada Richtung Norden unterwegs und kommen fast staufrei nach Mantua. Hier laden wir ein letztes Mal die Räder aus und fahren nach Mantua. Begeistert sind wir von der Basilica di Sant’Andrea, wahrscheinlich die schönste Renaissancekirche Italiens. Wir radeln durch die weitläufigen Anlagen des Palazzo Ducale. Dann machen wir uns die letzte Radtour auf dieser schönen Reise. Auf dem Mincio-Radweg geht’s Richtung Gardasee und später dann durch Kiwi-Obst-Plantagen nach Villafranca di Verona.
Ein leckeres Abendessen mit Pizza als Vorspeise und ein großen Buffet versüßen uns den Abschied von Italien.
Sonntag, 31. Oktober 2021
Panoramafahrt über Brenner- und Fernpass
Damit wir nicht zu spät in Wört ankommen, starten wir noch bei Dunkelheit unsere Busrückreise. Langsam wird es hell und wir erleben einen wunderbaren Sonnenaufgang. Super blauer Himmel, bunte herbstliche Wälder lassen Südtirol im schönsten Licht erscheinen. Herrlich und gestochen scharf gegen das Blau die Berge der Alpen! Als Zugabe fährt Bernd uns dann noch über den Fernpass statt über die Kufstein-Autobahn. Und wir haben Glück: Kein Stau unterwegs, so dass wir gegen 16 Uhr mehr als pünktlich auf dem Betriebshof von Launer-Reisen eintreffen.
Wir laden die Räder und das Gepäck aus und verabschieden die Gäste – und müssen lachen: Jetzt hat doch ein Gast seinen Koffer stehen lassen.
Ein paar Gäste und wir übernachten im Landgasthof Lustnau in Wört, wo wir uns noch mit schwäbischen Spezialitäten verwöhnen lassen. Lerke und ich verprassen direkt einen Teil des sehr großzügigen Trinkgelds. Dafür noch mal herzlichen Dank!
Montag, 1. November 2021
Es regnet – da ist er, der November-Blues
Das Frühstück im Gasthof ist immer wieder gut – das Wetter leider heute nicht. Typisch November, kalt und es regnet. Da träumt man direkt schon wieder vom sonnigen Apulien. Wir lassen uns von Ralf mit dem Kleinbus zum Bahnhof nach Ellwangen bringen, von wo wir mit dem Zug, mit Rad und unserem Gepäck die Rückreise nach Düsseldorf antreten.
Wir freuen uns sehr darüber, dass alles super funktioniert hat, dass wir sehr nette und zufriedene Gäste hatten und auf die nächste Apulienradreise im Frühjahr.
zur Person:
Dominik Kegel (Jahrgang 1961) ist seit 2010 Radreiseleiter bei Launer Reisen. Der Diplom-Volkswirt hat schon zahlreiche Länder mit dem Fahrräder erkundet. Vor 40 Jahren radelte er mit einem Freund von Feuerland über Alaska nach New York, ein Jahr und 30.000 km.
Auf der letzten private Reise radelte er mit seiner Frau und zwei Freunden einmal längs durch Vietnam, von Hanoi nach Saigon und dann kam Corona.
Für Launer Reisen ist Dominik viel in Italien unterwegs, aber auch die Tourenradreisen Pyrenäen, Flensburg-Garmisch, Avignon-Barcelona oder Karpaten werden von ihm geleitet.